Ein ganz normaler Freitagabend, wir kommen müde von der Arbeit nach Hause. Wir möchten uns nur noch von den Strapazen der Woche erholen und auf das sonnige Wochenende freuen. Der Frühling ist da, die kalten Tage sind vorbei, den Schneesturm und das Missverständnis am Rittner Horn haben wir längst vergessen. Endlich ist es warm, sonnig, morgen geht es los, wir werden an den See fahren und uns in die Sonne legen. Frühlingsgefühle, die Sonne wärmt unsere verliebten Seelen.
Ein Kuss auf die Stirn, dein Tag war nicht einfach, meiner auch nicht. Schwierigkeiten bei der Arbeit, mein Chef hat mir den Kopf gewaschen, dein Firmenauto wollte wieder einmal nicht anspringen. Und dann noch der Strafzettel, wegen ein paar Stundenkilometern über der Geschwindigkeitsgrenze. Es gibt schlimmeres, sage ich dir und erzähle dir von meinen Problemen mit der Versicherung und dass mir heute Morgen meine Lieblingstasse beim Abspülen zu Bruch gegangen ist.
Die Weltsorgen im Fernsehen vertreiben einen Moment lang unsere eigenen und machen sie fast unscheinbar. Großbritannien steckt in der Krise und kann sich nicht entscheiden, ob es dazugehören will oder nicht. Ein Mädchen schwänzt die Schule, protestiert gegen den Klimawandel und wird über Nacht zum Weltstar. Ich setze mich zu dir aufs Sofa und lehne meinen Kopf an deine breite Schulter. Du streichelst mich sanft mit deiner rauen Hand und schaltest die Weltprobleme mit dem roten Knopf auf der Fernbedienung aus. Plötzlich sind sie weg, wir sind wieder allein mit unseren eigenen.
Dein Magen knurrt, meiner auch. Hunger, kein Wunder, Frühstück und Mittagessen sind lange her und zwischendurch haben wir geschuftet und die Probleme anderer gelöst. Energieverbrauch auf höchster Ebene. Ich gehe an den Kühlschrank, leere ihn und stelle den Inhalt auf den Tisch, genau wie jeden Abend. Routine, einerseits, ein Festmahl, weil du dabei bist. Allein essen ist nicht schön, ich höre lieber dein leises Schmatzen als mein eigenes.
Wir essen gerne Salat, sind genügsam wie zwei Häschen. Mein Haushalt ist spartanisch, ich gebe mein Geld lieber für vernünftige Dinge wie Kleider und Schuhe aus. Ich habe einen Plastikbehälter, in den Salat für zwei hineinpasst. Das Ding ist alt und ein wenig unansehnlich, merke ich und spüle ihn noch einmal aus, bevor ich die grünen Blätter hineingebe.
„Vielleicht wäre eine Salatschüssel ja doch besser“, murmele ich vor mich hin.
„Ich habe doch damals extra eine für dich gekauft“, antwortest du und küsst mich beim Tomatenschneiden.
„Ich dachte, die war für dich“, sage ich und übertreibe es mit dem Salz.
„Nein, ich hatte sie für dich mitgenommen, weißt du noch, als wir zum ersten Mal miteinander eingekauft haben?“, erklärst du mir und stibitzt eine Olive aus der Plastikschüssel.
„Die aus dem schönen Glas, die so teuer war? Meinst du die? Und ich habe immer gedacht, dass du deinen Haushalt damit aufwerten wolltest… du hast mir nie gesagt, dass sie für mich ist…“
Auf einmal verschwinden sie, die kleinen und großen Probleme um uns herum. Wen kümmern schon der Brexit und der schwierige Chef, der Klimawandel und ein Strafzettel, wenn er das Glück der Welt in einer Salatschüssel wiederfindet?